1906
Neubau der Kapelle, die der "Heiligen Familie "
geweiht ist
1990er Jahre
stufenweise Renovierung der Kapelle
2006
Feier des 100-jährigen Bestehens
Die Kapelle ist für die kleine Ortschaft, die zur Bauzeit gerade neun Anwesen zählte, ein überaus prächtiges Gotteshaus. Sie wurde im Jugendstil von 1904 bis 1906 errichtet.
Initiator des Kapellenbaus war der aus dem Kühner-Anwesen in Wendersreuth stammende Geistliche Dekan Johann Baptist Kühner, geboren am 25. Juni 1850. Welche Gründe Pfarrer Kühner dazu bewogen haben, ist nicht bekannt. Möglicherweise war es aus Dankbarkeit, als er 1904 sein 25. Priesterjubiläum feierte. Auf alle Fälle wollte der Geistliche, der in Regensburg zum Priester geweiht worden war, die Möglichkeit schaffen, während seines jährlichen Urlaubs im Geburtshaus täglich in Wendersreuth die heilige Messe feiern zu können. Dies geht aus einem Schreiben des Expositus Vogl an Bischof Dr. Michael Buchberger vom 5. Mai 1942 hervor.
Die Kapelle wurde auf dem Privatgrund des Anwesens Kühner (heute: Bäumler) errichtet. Bis ca. 1970 war sie in privaten Händen. Erst zu diesem Zeitpunkt kam die Kapelle in den Besitz der politischen Gemeinde und in die Betreuung der Ortschaft Wendersreuth.
Gemäß des bereits aufgeführten Schreibens von Expositus Vogl vom Mai 1942 wurde die Kapelle auch vom Geistlichen Rat Kühner vollständig ausgestattet. Damit erklärt es sich, dass in den Expositurakten von Kirchendemenreuth keine Planungsunterlagen, Rechnungen und dergleichen vorhanden sind.
Laut mündlicher Überlieferung stammt der Altar samt den geschnitzten Figuren aus dem niederbayerischen Raum, wo Pfarrer Kühner von 1896 an als Seelsorger gewirkt hat.
Die Maurerarbeiten wurden laut mündlicher Über-lieferung durch die Döltscher "Hohlrüther-Maurer" ausgeführt. Die Maurerbrüder Johann, Josef und Karl waren Neffen von Pfarrer Kühner. Die Kapelle in Wendersreuth ist der Heiligen Familie geweiht. Eine sehr schöne Darstellung ist am Altar zu sehen. Im Altartisch sollen als Reliquien Kreuzpartikel eingesetzt worden sein. In den vier Ecken der Decke sind die Sinnbilder der vier Evangelisten bildlich dargestellt (Lüftlmalerei). An den Seitenwänden des schmalen Gotteshauses befinden sich gemalte Bilder, die die Kreuzwegstationen verkörpern, sowie farbig gefasste Figuren des heiligen Florian und des heiligen Wendelin.
Eine ebenfalls farbig gefasste Mutter-Gottes-Statue mit dem Jesuskind steht auf dem Altartisch. Sie gehört jedoch mit Sicherheit nicht zur Erstausstattung der Kapelle.
Bei den Expositurakten befindet sich zum Kreuzweg ein überaus interessantes Schreiben. Der Kreuzweg wurde demnach am 29. Juni 1906 durch den Guardian des Klosters aus Pfreimd eingeweiht und damit gleichzeitig ein Ablass verliehen.
Obwohl Pfarrer Kühner der "Baumeister" war, konnte selbstverständlich der Bau ohne tatkräftige Mithilfe und Unterstützung der Ortsbürger nicht durchgeführt werden. Durch alle Familien, auch durch die einzige evangelische, wurden unentgeltliche Hand- und Spanndienste geleistet. Wie stolz alle Bürger auf ihre Kapelle waren und noch immer sind, zeigt, dass laut mündlicher Überlieferung sogar beim Tod des protestantischen Wiederbauer in der gleichen Weise wie bei einem Katholiken in der Kapelle ein Sterberosenkranz gebetet worden ist. Auch gebürtig aus Wendersreuth stammende Bürger haben das Projekt unterstützt. So hat zum Beispiel die Familie Witt aus Bamberg (Witt wurde im Hausneranwesen geboren) bleiverglaste Fenster gestiftet.
Eine Besonderheit der Wendersreuther Dorfkapelle ist, dass zwei Glocken vorhanden sind: eine zum täglich dreimaligen Gebetsläuten und eine Sterbeglocke. Während des zweiten Weltkrieges wurden durch den damaligen Eigentümer die Glocken abgenommen und in der Scheune des Kühneranwesens vergraben. Damit konnte das Einschmelzen des Läutwerks verhindert werden.
Die Kapelle wurde mehrmals durch die Einwohner renoviert, letztmalig in den 90er Jahren. Morsch gewordene Hölzer des Dachstuhls mussten erneuert werden und der Turm erhielt eine neue Einblechung.
Obwohl Wendersreuth eine kleine Ortschaft ist, werden regelmäßig Maiandachten abgehalten und für verstorbene Bürger Sterberosenkränze gebetet. Wenn einer im Dorf stirbt, hält der Leichenwagen bei der Überführung des Leichnams zum Friedhof nach Kirchendemenreuth vor der Kapelle an und es wird die Sterbeglocke zum Abschied geläutet.
Der alte Brauch, ein Schaueramt für Wendersreuth in der Dorfkapelle zu zelebrieren, wurde vor einigen Jahren eingestellt.
Im Jahr 2006 wurde das 100-jährige Bestehen gefeiert. Der genaue Weihetag der Kapelle liegt im Dunkeln.